Haben Sie schon einmal etwas online gekauft und der Verkäufer hat es versäumt, Ihnen Versandinformationen zu Ihrer Bestellung mit dem Tracking-Code zuzuschicken? Stellen Sie sich vor, Sie hätten keine Ahnung, wann Ihr Artikel ankommt, woher er kommt oder ob er überhaupt verschickt wurde.

Ab Herbst diesen Jahres wird Apples iOS 15 verfügbar sein. Es wird eine neue Funktion namens Mail Privacy Protection enthalten, die verhindert, dass relevante Tracking-Informationen an E-Mail-Marketing-Plattformen übermittelt werden. Marketing-Teams haben so nicht mehr die Möglichkeit, diese Daten zu verwenden, um die genauen Öffnungsraten der von ihnen versendeten E-Mails zu ermitteln.

Dieses „Feature“, das in den kommenden iOS-, iPadOS- und macOS-Versionen Teil von Apple Mail sein wird, „verhindert […], dass Absender mithilfe unsichtbarer Pixel Informationen über die Benutzer*innen sammeln. Mit dem neuen Feature können Benutzer*innen verhindern, dass Absender erfahren, wann sie eine E-Mail öffnen. Außerdem maskiert es ihre IP-Adresse, damit sie nicht mit anderen Onlineaktivitäten verknüpft oder zur Bestimmung ihres Standorts verwendet werden kann.“ (Apple)

Im Wesentlichen bedeutet es, dass es bald unmöglich sein wird, genaue Öffnungsraten von Abonnenten zu erhalten, die Apple Mail verwenden. Ist das ein echter Umbruch im E-Mail-Marketing? Hier erfahren Sie mehr dazu.

Datenschutz in iOS

Apple wirbt schon seit einiger Zeit verstärkt mit verbesserten Datenschutzfunktionen. Mit der Einführung von iOS 14 im letzten Jahr fügte Apple zusätzliche Datenschutzkontrollen hinzu. Außerdem konnte begrenzt werden, wie viele Daten eines Benutzers mit Unternehmen geteilt werden. 

In iOS 14.5 hatte Apple die Datenschutzfunktion App Tracking Transparency (ATT) eingeführt, nach der Apps die Einwilligung des Nutzers einholen müssen, bevor sie dessen Daten erfassen. Apple bot Nutzern die Möglichkeit, sich vom IDFA (Identifier for Advertisers) abzumelden und selbst die Kontrolle darüber zu übernehmen, wie eine App ihre Daten zu Aktivitäten und Verhaltensweisen verwendet.

Tim Cook Twitter Feed

Craig Federighi, Senior VP of Software Engineering bei Apple, sagte gegenüber dem Wall Street Journal in Bezug auf die ATT: „Tatsächlich wollen wir Nutzern nur eine Wahlmöglichkeit bieten. Mobilgeräte sind so eng mit unserem Leben verbunden und enthalten so viele Informationen darüber, was wir denken, wo wir waren und mit wem wir zusammen waren, dass die Nutzer die Kontrolle über diese Informationen verdienen und brauchen.“

Das Konzept, den Kunden Kontrolle über ihre Daten zu geben, hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, insbesondere durch die DSGVO in Europa, den PDPA in Singapur und den CCPA in den USA. Apples Safari-Browser und Mozillas Firefox-Browser sperren schon jetzt Cookies von Drittanbietern. Google plant, sie bis zum Jahr 2022 abzuschaffen. All diese Maßnahmen reduzieren die Menge an Daten, die zur Kundenansprache verwendet werden können.

Wie funktioniert Apples Mail Privacy Protection?

Auch wenn sie in der kommenden iOS-Version nicht standardmäßig aktiviert sein wird, wird die Mail-App von Apple die Option „Mail Privacy Protection“ enthalten. Diese verhindert, dass Pixel verwendet werden, um Informationen über den Empfänger zu sammeln. Dazu gehört auch die Information, ob eine E-Mail geöffnet wurde oder nicht. Wenn das aktualisierte Betriebssystem eingeführt ist, müssen Nutzer dieses Apple Mail-Feature per Opt-in aktivieren.

Image Credit Apple Insider
Bildnachweis: Apple Insider

Das sind die beiden wichtigsten Funktionen der Mail Privacy Protection:

  • Verhinderung des Trackings von Öffnungen: Apple lädt externe Inhalte (Remote Content) im Hintergrund herunter,
  • Schutz der IP-Adresse: Apple Mail lädt externe Inhalte über verschiedene Proxyserver herunter, um die IP-Adresse des Abonnenten zu verbergen.

Zuvor war es in der Mail-App möglich, E-Mail-Tracker zu blockieren und so das Herunterladen von externen Inhalten zu unterbinden. Dagegen lädt bei der Mail Privacy Protection Apple die externen Inhalte für Abonnenten automatisch herunter. Bei Gmail, Outlook und Yahoo! Mail ist das mittlerweile eine Standardeinstellung und E-Mail-Bilder werden nur dann heruntergeladen, wenn ein Abonnent ausdrücklich in den Download einwilligt.

Die Abonnenten können jetzt die ganze E-Mail in all ihrer Pracht sehen (auch CTAs), ohne dass sie dazu „Bilder laden“ auswählen müssen. Der Nachteil: Marketer wissen jetzt nicht mehr, ob Abonnenten ihre E-Mail geöffnet haben.

Apple Wwdc Mail Privacy Proteciton
Bildnachweis: Apple

In der offiziellen Stellungnahme von Apple zur Mail Privacy Protection heißt es:

„Wenn du eine E-Mail in der Mail-App empfängst, lädt die Mail Privacy Protection standardmäßig externe Inhalte im Hintergrund herunter, anstatt sie erst beim Öffnen der E-Mail herunterzuladen – dies ist unabhängig davon, wie du mit der jeweiligen E-Mail interagierst (oder nicht). Apple erhält keine Informationen über den Inhalt.

Darüber hinaus werden alle von [Apple] Mail heruntergeladenen externen Inhalte über mehrere Proxyserver weitergeleitet. Dadurch wird verhindert, dass der Absender deine IP-Adresse erfährt. Anstatt deine IP-Adresse weiterzugeben, wodurch der E-Mail-Absender deinen Standort erfahren kann, weist das Proxy-Netzwerk von Apple zufällig eine IP-Adresse zu. Diese passt lediglich zur Region, in der sich dein Gerät gerade befindet. E-Mail-Absender erhalten also nur allgemeine Informationen und keine Informationen über dein Verhalten. Apple hat keinen Zugriff auf deine IP-Adresse.“

Warum die Mail Privacy Protection eigentlich nichts Neues ist

Unsere internen Tests mit iOS 15 haben ergeben, dass sich das Mail Privacy Protection-Feature nicht allzu sehr von dem unterscheidet, was Gmail schon seit 2013 tut.

Bevor Gmail eine E-Mail an einen Abonnenten sendet, lädt der Server die Bilder in der E-Mail. Das kann dazu führen, dass E-Mail-Marketingplattformen falsch-positive Ergebnisse übermitteln. Die Gmail-Proxyserver senden außerdem falsche Informationen über das Gerät und den Standort des E-Mail-Abonnenten an E-Mail-Marketingplattformen.

Aufgrund des Proxys von Gmail und der aktuellen Blockierung von E-Mail-Bildern durch Serviceprovider ist es schon seit einiger Zeit nicht mehr möglich, exakte Metriken zu E-Mail-Öffnungsraten zu erhalten.

Wie wirkt sich Apples Mail Privacy Protection auf Sie aus?

Abonnenten, die Apples Mail Privacy Protection verwenden, können dafür sorgen, dass für Sie als Absender Folgendes nicht mehr möglich ist:

  • Informationen darüber erhalten, ob ein Abonnent Ihre E-Mail geöffnet hat oder nicht (höchstwahrscheinlich haben Sie bei Nutzern, die Apple Mail verwenden, eine höhere Öffnungsrate als normal)
  • Informationen dazu erhalten, an welchem Standort sich der Abonnent befindet
  • Informationen dazu erhalten, welches Gerät Ihr Abonnent zum Lesen Ihrer E-Mail verwendet (Sie können jedoch vermuten, dass es sich um ein Apple-Gerät handelt)
  • Exakte Berichte über Empfänger erhalten, die MPP verwenden

Was hat das alles zu bedeuten? Im Wesentlichen bedeutet es, dass Sie eine weniger genaue Öffnungsrate erhalten werden, als vorher. Da etwa 11–13% der E-Mail-Abonnenten Apple Mail verwenden, können Sie davon ausgehen, dass Ihre E-Mail-Öffnungsraten um mindestens 11–13% abweichen werden.

Beachten Sie, dass diese Updates nur die Apple Mail-App betreffen. Wenn Abonnenten die Gmail-App, Outlook oder eine der zahlreichen anderen E-Mail-Apps verwenden, um ihre E-Mails abzurufen, sind sie von dieser Änderung nicht betroffen.

Was können Sie tun?

Sollten Sie in Panik geraten? War’s das mit dem Thema E-Mail?

Weit gefehlt.

Wenn Sie die Emarsys CEP (Customer Engagement Plattform) verwenden, sollten Sie nur wissen, dass Klicks automatisch den Öffnungen zugeordnet werden. Das heißt, wenn der Abonnent die E-Mail zwar anklickt, die Plattform aber nicht über eine Öffnung informiert wird, wird sie automatisch als geöffnet gekennzeichnet.

Hier sind einige Maßnahmen, die Sie ergreifen sollten, um sicherzustellen, dass Sie Ihrer Konkurrenz voraus sind, wenn iOS 15 von iPhone-Nutzern heruntergeladen werden kann:

  1. Überprüfen Sie Ihre Automatisierungsprogramme und überlegen Sie, ob Sie einige Ihrer Knoten anpassen sollten, die E-Mail-Öffnungs-Events verwenden (z. B. Kampagnen mit Follow-up-Mails, die an Abonnenten gesendet werden, die Ihre erste E-Mail noch nicht geöffnet haben).
  2. Falls Sie die Emarsys CEP verwenden, sollten Sie unbedingt diese Seite besuchen, um mehr darüber zu erfahren, wie sich die MPP auf Ihre Kampagnen auswirken kann.
  3. Erstellen Sie eine Kampagne, die Kunden (unter Umständen solche mit einer .icloud-, .me-, .mac-Adresse) über die bevorstehenden Änderungen und deren mögliche Auswirkungen informiert.

Eine gute Nachricht: Diese Sicherheitsfunktion hat keinen Einfluss auf das Tracking von Klicks innerhalb von E-Mails. Sie können auch weiterhin Ihre Zero- und First-Party-Daten verwenden, um für Ihre Kunden individuelle, personalisierte Erlebnisse auf jedem einzelnen Kanal bereitzustellen. So können Sie mit Käufern im richtigen Moment und auf dem richtigen Gerät in Kontakt treten.

Fazit

Apple forciert den Datenschutz schon seit einiger Zeit, doch werden andere Anbieter mitziehen? Auch wenn es sich um keine radikal neue Technologie handelt (sie ähnelt in mancherlei Hinsicht dem Gmail-Proxy, der 2013 implementiert wurde), stellt sich die Frage: Wird Google mit einem eigenen Update nachziehen?

Öffnungsraten sind NICHT das alles bestimmende Kriterium im Zusammenhang mit E-Mails. Tatsächlich sind Öffnungsraten seit vielen Jahren unzuverlässig. Entsprechend sollten Sie sich bei der Messung Ihrer E-Mail-Performance nicht ausschließlich auf diese Daten verlassen.

Wir werden die Updates von Apple im Zusammenhang mit der Mail Privacy Protection weiterhin beobachten. Außerdem werden wir Sie mit Marketing-Best Practices für Ihren zukünftigen Erfolg auf dem Laufenden zu halten. Nach unserem aktuellen Informationsstand könnten die Öffnungsraten für Nutzer von Apple Mail aufgrund des bevorstehenden Betriebssystem-Updates voraussichtlich viel höher ausfallen.

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