Vor einigen Wochen habe ich mit einem Freund in einem Restaurant eine Partie Jenga gespielt.

Als wir das Spiel aufbauten – mit 3er-Kombis aus Holzblöcken, immer übereinander – und dann immer wieder Teile herauszogen und am Ende den Turm in sich zusammenbrechen sahen, wurde mir auf einmal eines klar…

Jenga-Blöcke sind ein bisschen wie Marketing Tools.

Der Turm aus unterschiedlichen Bausteinen erinnert entfernt an einen Marketing Tech Stack. Das Ziel bei Jenga besteht darin, weitere Steine oben auf zu legen, ohne dass der Turm einstürzt. Aber um weiter in die Höhe bauen zu können, muss man von unten Blöcke entfernen. Mit jedem neuen Teil, das oben hinzugefügt wird, destabilisiert man also das Fundament, auf dem der Turm ruht; d.h. man provoziert einen vermeintlichen Zusammensturz.

Das gleiche passiert, wenn wir in einem Marketing Technologie-Mix immer mehr Tools, Systeme, Software Teile und Apps hinzufügen, die uns dabei helfen sollen, unseren Job zu machen. Dieses Gemisch aus den unterschiedlichsten Systemen wird für gewöhnlich auch „Tech Stack“ genannt.

Allerdings müssen wir an dieser Stelle folgendes verstehen: Unsere Unternehmen und die Tools, mit denen wir tagtäglich Marketingkampagnen umsetzen sind eben KEINE Jenga-Holzklötze….und der Einfluss, den eine Marketing-Funktion auf ein Business haben kann, ist kein Spiel.

Wir können es uns nicht erlauben, einen falschen Block oben auf zu setzen und damit unsere Konstruktion weiter unten zu gefährden. Je mehr Tools und Technologien zu einem Marketingmix hinzugefügt werden (insbesondere wenn diese Tools nicht durch die IT-Abteilung abgesegnet werden – ein Phänomen, das gerne „Shadow IT“ genannt wird), desto anfälliger wird das gesamte Arsenal an Marketingtechnologien.

Das Problem ist nicht das Vorhandensein mehrerer Tech-Tools an sich. Auf der anderen Seite beobachten wir seit einiger Zeit eine wahre Epidemie in puncto Shadow IT – und den damit verbundenen Risiken.

Was ist “Shadow IT”?

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Shadow IT wird dann zum Problem, wenn wir (also diverse Marketing Teams) hinter dem Rücken unserer IT-Abteilungen – oder denjenigen Mitarbeitern, die für die Prüfung und Absegnung neuer Technologien zuständig sind –  bestimmte Software ohne vorherige Absprache installieren und nutzen.

Was ist “Shadow IT”?

“Shadow IT” als Begriff umfasst sämtliche Software und Technologiesysteme, die ohne explizite Zustimmung des Betriebs oder der jeweiligen IT-Abteilung installiert wurden. Das mag zunächst kompliziert klingen, bedeutet aber de facto lediglich: sämtliche Software, Tools, Widgets oder Technologien, die explizit ohne Absegnung durch die IT-Abteilung in ein Unternehmen eingebracht wurden.

Und Shadow IT ist beileibe keine Seltenheit. Große Unternehmen nutzen im Durchschnitt 1,200+ Cloud Services – und mehr als 98% davon fallen unter die Kategorie “Shadow IT”. Der Großteil aller Apps, die wir auf unseren (Arbeits-) Laptops herunterladen, sind Apps in den Bereichen: Terminierung, Messaging, Storage, Kommunikation, Produktivität und Prozesse.

➤ Pro-Tipp: Dies alles sind keine “schlechten” Tools. Im Gegenteil: die meisten von ihnen sind typischerweise sicher zu nutzen. ABER: auch anerkannte und weit verbreitete Software bzw. Plattformen können in gewisser Weise Shadow IT sein. Das Problem liegt nicht zwangsläufig bei der Technologie per se, sondern vielmehr in der fehlenden Beteiligung vonseiten der IT. Wenn IT nicht darüber informiert ist, welche Art von Software innerhalb des Unternehmens genutzt bzw. neu eingebracht wird, kann die Abteilung auch nicht etwaige Risiken der jeweiligen Software im Blick haben. Deshalb gilt: Jede neue Software – und sollte sie auch noch so klein sein – sollte von IT abgesegnet werden.

Einige Marketer sehen sich diese Martech-Landscape an und versuchen so viele Tools daraus zu nutzen, wie möglich (oder wie viele sie für nötig halten). Quelle

Seien wir ehrlich: Viele Prozesse in der Kontrolle und Freigabe durch IT nehmen viel Zeit in Anspruch. Und Marketer sind (nach wie vor) an schnellen Lösungen interessiert…unabhängig, ob die Freigabe durch IT bereits erfolgt ist, oder nicht. Die Folge? Shadow IT.

Es gibt einie Verwirrungen und Missverständnisse zu „Shadow IT“ aufseiten von CIOs und Führungspersonen innerhalb vieler Organisationen:

  • 80% aller Mitarbeiter geben an, ungetestete Software bei der Arbeit zu nutzen.
  • 83% aller IT Mitarbeiter geben an, nicht genehmigte / abgesegnete Software zu nutzen.
  • Nur 8% aller  Unternehmen geben an, dass sie wissen, wie hoch der Anteil von Shadow IT ist, der in ihrem Unternehmen genutzt wird.

Also, warum ist es überhaupt nötig, über Shadow IT zu sprechen, und wo liegt das Problem?

Das Problem mit zu vielen Tools

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An und für sich sind verschiedene Tools und Software, die unser Leben einfacher machen sollen (z.B. in der Arbeit, Freizeit, etc.) kein Problem.

Jedes meiner Küchengeräte erfüllt z.B. eine ganz bestimmte Funktion, genauso wie jedes Werkzeug in meiner Garage. Jede App auf meinem iPhone hilft mir bei etwas, oder unterstützt mich. Es gibt einen Grund, warum ich bei der Arbeit einige Apps von Google nutze, um mit Kollegen*innen zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten, warum ich ein separates Tool im Projektmanagement und noch ein weiteres für Pop-Ups und Formulare nutze.

Vielleicht sind diese Beispiele ein wenig trivial. Aber übertragen Sie einmal meine Beispiele auf eine höhere Ebene, in ein großes Unternehmen etwa und Sie haben ein Arsenal an Teams, Aufgaben, Daten und Informationen, die wild in einem unautorisierten Raum (= nicht abgesegnete Apps und Tools) herumschwirren.

Irgendwo in diesem Prozess wurden einige Tech Tools auf einmal wie Auszeichnungen (für die jeweiligen Marketer, die sie nutzten) betrachtet. Richtig ist allerdings, dass manche dieser Tools eher einen Grund zur Besorgnis darstellen.

Immer mehr Marketer sitzen dem Trugschluss auf, dass mehr Technologien automatisch auch bessere Arbeitsweisen und Produktivität bedeuten.

Allein im letzten Jahr, haben Marketing-Executives zwischen 1 und 5 neue Technologien zu ihrem Marketing Stack hinzugefügt. Und durchschnittlich nutzen Marketer zwischen 6 und 10 verschiedene Tools, um ihre Kampagnen und Daten optimal zu managen.

Quelle: Conductor

Die Implementierung zahlreicher Point-Solutions (Punkt/Silo-Lösungen) – hochspezialisierte Softwarelösungen von Nischenanbietern –  in den verschiedenen Bereichen für digitales Marketing innerhalb eines Unternehmens nimmt immer mehr Überhand… und führt zu etlichen Risikofaktoren für die Cybersecurity.

Viele Tech-Tools verursachen Ineffizienz

Je mehr Technologieversatzstücke Sie im Gebrauch haben, desto mehr Zeit benötigten Sie, um diese Teilstücke zu managen. Auch wenn dieser Faktor verhältnismäßig klein ist, sollten Sie ihn nicht gänzlich unberücksichtigt lassen.

Neben unseren Daten ist Zeit unsere wertvollste Ressource. Wenn Sie zusätzlich zu Ihrem eigentlichen Beruf ein All-in-One Tech-Intergration Manager, Data Facilitator, oder Tech-Tool Organizer sein müssen, kostet Sie das wertvolle Zeit, die Sie ansonsten in den Bereichen Kreativität, Strategie und Projekte einsetzen könnten.

Denken Sie einmal darüber nach…wie viele Plattformen müssen Sie fehlerfrei beherrschen, um Ihren Beruf ausüben zu können?

82% aller Sales- und Marketingexperten verlieren pro Tag etwa eine Stunde Zeit, um zwischen all den Marketing Tools hin und herzuspringen, die in Gebrauch sind. Fragen Sie sich ernsthaft:

  • Verbringen Sie mehr Zeit damit, zwischen einzelnen Systemen hin und herzuspringen, anstatt das zu tun, was Sie eigentlich tun möchten?
  • Wie könnte sich Ihre Produktivität verändern, wenn Sie nicht mehr zwischen einzelnen Plattformen wechseln müssen?
  • Auf wie vielen Plattformen dokumentieren Sie gegenwärtig Ihre Fortschritte bei der Fertigstellung bestimmter Projekte?

Je mehr Technologien, desto höher die Kosten

Auch wenn die Kosten für einzelnen Apps auf den ersten Blick nicht besonders zu Buche schlagen, kann die Gesamtsumme aller genutzten Tools und Apps zuweilen höher ausfallen, als erwartet.

70% aller Marketer glauben, dass die Tools, die sie zum Planen ihrer Arbeit nutzen, Überscheidungen und Redundanzen aufweisen. Wir müssen wohl nicht extra erwähnen, dass diese Redundanzen unnötige Kosten verursachen. Nur ein Beispiel: wenn Sie ein Tool finden, dass die Arbeit von neun (oder zehn) anderen Tools übernimmt, haben Sie eine gewaltige Kostenersparnis.

Viele Software Neu-Installationen können Ihre Organisation gefährden

Auch vermeintlich unbedeutende Installationen von Software und Technologie-Tools können unerwartete Risikofaktoren beinhalten. Tech Stacks und Shadow IT können potenziell folgende Probleme auslösen:

Cyber-Angriffe. Laut Gartner, werden im Jahr 2020 etwa ein Drittel aller erfolgreichen Cyberattacks gegen Unternehmen durch Anwendungen der Shadow IT erfolgen.

Datenschutzverletzung. Eine Datenschutzverletzung verursacht einem typischen Unternehmen einen Schaden in Höhe von etwa $3.8 Millionen.

Was wir brauchen ist ein kollektives Umdenken in Bezug auf die Technologien, mit denen wir tagtäglich arbeiten. Wir müssen uns von einer “Expansion” hin zu einer Konsolidierung, sprich: weniger ist (manchmal) mehr, entwickeln. Es wird Zeit, dass wir uns wieder auf das Wesentliche konzentrieren.

Shadow IT und Tech-Überdosis: 3 Wege, um den Trend umzukehren

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Wenn wir es genau nehmen, ist Shadow IT ein ernstzunehmendes Phänomen. Wir sollten uns fragen: an welchen Stellen können wir Abstriche machen, Redundanzen vermeiden, und letztendlich: unnötige Tools vermeiden?

Hier sind einige Schritte, die Sie sofort unternehmen können:

1. Überprüfen Sie Ihren Tech-Stack

Wie viele Probleme werden tatsächlich von Ihren zahlreichen Systemen gelöst? Was könnten Sie weglassen?

2. Besprechen Sie mit Ihrem Team, welche Tools und Systeme Sie zum Erreichen Ihrer Businessziele tatsächlich benötigen  

Hier geht es nicht darum, Regelverstöße zu identifizieren. Stattdessen sollten Sie ein offenes Gespräch mit Ihrem Team suchen und gemeinsam erörtern, welche Tools Ihr Team momentan benutz und welchen davon nicht zwingend nötig sind.

3. Arbeiten Sie eng mit Ihrer IT-Abteilung zusammen

Bauen Sie eine bessere Beziehung zu Ihrer IT-Abteilung auf. Ziel dabei ist es, einen effizienten Workflow zu erarbeiten, der Ihr Marketing-Team letztlich davon abhält, eigenmächtig nach Shadow IT-Lösungen im Netz zu suchen, und/oder sie zu installieren.

Eine Reorganisation und Verschlankung unseres Tech-Stacks ist am Ende des Tages eine gute Möglichkeit, sowohl Kundendaten besser zu schützen, als auch einen besseren Kundenservice anbieten zu können. Die Ideallösung ist ein System, das einheitlich arbeitet und alle relevanten Bereiche miteinander verbindet – eine einzige, ganzheitliche Plattform.

Ähnlich eines stabilen Wolkenkratzers (also definitiv KEINEM Jenga-Turm aus einzelnen, instabilen Bruchstücken), liegen die Vorteile einer einheitlichen Marketing Plattform auf der Hand.

Warum sollten wir also nicht das Arsenal unserer Software-Tools vereinfachen? Die Risiken, die mit Shadow-IT verbunden sind, machen einen Wechsel hin zu einer einzigen, umfassenden Technologielösung mehr als sinnvoll. ◾