Neben dem Kulturbereich und der Gastronomie sieht sich vor allem die Hotellerie und die Reisebranche seit Beginn der Corona-Pandemie vor zahlreiche Herausforderungen gestellt und umfassenden Sicherheitsmaßnahmen unterworfen. Selbst Ende 2021 kann im internationalen Travel noch nicht von einem Normalzustand gesprochen werden.

Das deutsche Flugportal fluege.de, Teil der Invia Group, zu der u. a. auch ab-in-den-urlaub.de gehört, hat die Veränderungen im Tagesgeschäft während der Corona-Pandemie dafür genutzt, die eigene Arbeitsweise im Marketing von Grund auf zu überdenken und neu zu gestalten. Die Konsolidierung der genutzten Marketing-Tools, sowie ein stärkerer Fokus auf Personalisierung und Automation standen – und stehen – ganz oben auf dem Programm.

Wir haben mit Frank Sieler, CMO bei Invia Flights gesprochen und dabei nicht nur praxisnahe Insights zu den Plänen der Travel-Brand, sondern auch spannende Einblicke in die deutsche Reisebranche nach fast zwei Jahren Pandemie erhalten.

Die Reisebranche in Deutschland – Momentaufnahme November 2021

Ohne Zweifel hat sich die Reisebranche und das Reiseverhalten der Verbraucher*innen in der DACH-Region seit März 2020 maßgeblich verändert. Der Wunsch nach Sicherheit – in Bezug auf Corona und darüber hinaus – und gleichzeitig nach maximaler Flexibilität bei Umbuchungen und Stornierungen stellt viele Travel-Brands vor große Herausforderungen. Ebenso ist mit dem Rückgang internationaler und deutschlandweiter Geschäftsreisen ein wichtiges Standbein der Branche zeitweise weggebrochen, das kaum saisonalen Schwankungen unterworfen war und in der Vergangenheit für verlässliche Umsätze sorgte.

Auf der anderen Seite ist die Reiselust nach fast zwei Jahren Pandemie bei vielen Menschen größer denn je und Travel-Brands im In- und Ausland erleben eine verstärkte Nachfrage nach Flügen und Hotelangeboten. Laut einer Umfrage von PwC plant gut ein Drittel der Menschen in Deutschland eine Urlaubsreise in den nächsten sechs Monaten. Besonders im Anschluss an Öffnungen einzelner Länder für touristische Reisen ist der Ansturm auf diese Ziele enorm. Aktuelles Beispiel ist die Nachfrage nach Flügen in die USA, nachdem am 25. Oktober bekannt gegeben wurde, dass es für vollständig geimpfte Flugreisende ab dem 08. November 2021 Einreiseerleichterungen in die USA geben wird.

Ungeachtet dessen sind in einer Gesamtsituation, die noch lange nicht den vor-pandemischen Zustand erreicht hat, Marketingteams großer und mittelständischer Travel-Brands vor die Herausforderung gestellt, nicht nur neue Kund*innen zu gewinnen, sondern vor allem auch die treuen Bestandskund*innen zu halten und zu erneuten Reise- und Flugbuchungen zu bewegen. Im Folgenden stellen wir Ihnen am Beispiel von fluege.de drei Möglichkeiten vor, wie sich diese Bemühungen um eine bessere Kundenerfahrung in die Praxis umsetzen lassen.

In drei Schritten zu einer besseren Kundenerfahrung – fluege.de richtet das eigene Marketing neu aus

Das Marketingteam von fluege.de hat den zu Beginn der Corona-Pandemie verordneten Lockdown effektiv für eine Inventur und Neuaufstellung der eigenen Prozesse und Arbeitsweise genutzt. Ziel dabei war es, optimal aufgestellt zu sein, sobald sich die epidemische Lage weltweit wieder erholt haben würde. Die essenziellen Fragen lauteten: Wie sieht die Customer Journey aus? Wie lässt sich die Kundenerfahrung insgesamt persönlicher und auf die Interessen der Kund*innen angepasst gestalten? Welche Module benötigt fluege.de dazu von Emarsys?

Seit Ende 2018 ist Invia Flights Nutzer der Customer Engagement-Lösung von Emarsys und ist mit einem Marketingteam von 10 Mitarbeiter*innen für Neuerungen und Umstrukturierungen innerhalb der Branchen gut gerüstet. Die Neuausrichtung – in Form von drei wesentliche Schritten – soll vor allem eine Verschlankung der Prozesse sowie eine insgesamt automatisiertere und integriertere Arbeitsweise erzielen.

1. Personalisierung und Targeting – Von händischer Personalisierung zu automatisierten Prozessen

Personalisierung ist ein wichtiges Thema für Unternehmen – insbesondere in der Reisebranche, in der es oft um subjektive Prozesse wie die individuelle Urlaubsplanung geht. Händisch ausgeführte Personalisierung und Segmentierung ist dabei ab einer bestimmten Unternehmensgröße nicht nur zeitraubend und kaum skalierbar, sondern auch mitunter fehleranfällig.

fluege.de setzt seit zwei Jahren eine manuelle Personalisierung um, die das Unternehmen nun automatisieren und ausbauen möchte. In der Vergangenheit wurden anhand der Postleitzahlen der Kund*innen einzelne Cluster erstellt. An diese Cluster wurden je nach Flughäfen in der Nähe und verfügbaren Flugangeboten entsprechende Kommunikationen ausgespielt.   

Dieser Prozess soll in Zukunft noch genauer werden. Invia Flights setzt dabei auf eine exakte Kaufhistorie aller bekannten Kund*innen, um dann automatisiert und natürlich DSGVO- konform, relevante Angebote ausspielen zu können.

Frank Sieler, CMO bei Invia Flights zu den Plänen der Marke:

Wir möchten die Kundenkommunikation verbessern und sie persönlicher machen. Unsere Kunden sollen über den kompletten Lebenszyklus maßgeschneiderte Angebote und relevante Informationen erhalten. Wir wollen keine einfachen Newsletter rausschicken – das ist nicht mehr zeitgemäß.“

Ein Beispiel wie diese intelligente Kundenkommunikation aussehen kann: Kundin A fliegt regelmäßig im April in den Urlaub und befindet sich im demographischen Cluster der 30-40-Jährigen. Es ist also sinnvoll, dieser Kundin ab Februar/März entsprechende Flugangebote zu interessanten Destinationen zukommen zu lassen. Dieser Prozess soll in Zukunft automatisch mit Web Extend und RDS (Relational Data Service) von Emarsys unterstützt werden.

Ein weiteres Beispiel: Kundin B bucht ein One-Way Ticket im Dezember nach New York. Im Automation-Center wird daraufhin eine E-Mail ausgelöst, die die Kundin drei Tage später dazu auffordert, auch den Rückflug über Invia Flights zu buchen.

Neben einer automatisierten Erstellung des Newsletters, strebt fluege.de eine noch genauere Segmentierung nach Clustern an, die z. B. Aufschlüsse über Lieblings-Ziele und bevorzugte Reise-Zeiträume liefert. Kundin A aus unserem Beispiel erhält somit je nach demographischer Gruppe, in der sie sich befindet und ausgehend von ihrer Kaufhistorie spezifische Angebote zu interessanten Flugzielen.   

Ziel dabei ist es, im gesamten E-Mail Marketing, langjährigen Kund*innen, die ein Buchungsmuster haben, nur dann eine Kommunikation zukommen zu lassen, wenn es wirklich sinnvoll ist – also wenn die Kundin tatsächlich vorhat, einen Flug zu buchen.

Dadurch wird die gesamte Kundenkommunikation persönlicher & gleichzeitig weniger aufdringlich und Kund*innen können über den kompletten Lebenszyklus bei fluege.de gehalten werden.

Global Network Concept. Map Of Japan And Group Of People.

2. Mit Agilität und Social Media am Puls der Zeit

Agilität ist für Reiseunternehmen in einer instabilen nationalen und internationalen Situation das A und O. Wenige Stunden nach Ankündigung über bevorstehende Öffnungen internationaler Destinationen (oder deren Schließung) müssen Travel-Brands reagieren.

So hatte fluege.de vorausschauend ein Monitoring für wichtige Flugziele eingerichtet und verschickte z. B. wenige Stunden nach Öffnung der USA und Thailand entsprechende Newsletter an die eigenen Kund*innen mit relevanten Informationen und Angeboten.

Das Marketingteam von Invia Flights betreibt zudem einen Travel-Blog und einen Podcast, um schnell auf Änderungen am Markt reagieren und Kund*innen effektiv informieren zu können. Dabei beobachtet das Unternehmen den Markt und die politischen Fortschritte in relevanten Ländern sehr genau, um entsprechend schnell reagieren zu können, sobald touristische Reisen wieder möglich sind.

Auch die Arbeit mit Influencern ist für viele Travel-Marken interessant, um zeitnah relevante Zielgruppen anzusprechen. Instagram bietet sich dabei für viele Brands als Medium an, um sowohl visuell als auch mit ansprechender Copy überzeugen zu können. Zudem punktet die Plattform im Vergleich zu der Schwester-Marke Facebook mit sehr viel höheren und konstanten Engagement-Raten. Auch fluege.de plant für 2022 verstärkt die eigene Instagram-Präsenz auszubauen und so neue Zielgruppen anzusprechen und die eigene Brand Visibility zu vergrößern.

3. Konsolidierung des Tech-Stacks für mehr Effizienz

Unser im 1. Punkt genanntes Beispiel der Kundin A und B hat einen kleinen Haken: Ohne eine integrierte Marketing-Plattform, in der alle Kunden-, Produkt, und Vertriebsdaten an einem Ort sinnvoll zusammengeführt werden, ist die Erstellung einer Kaufhistorie und einer 360° Sicht auf die Kund*innen nicht möglich. Damit rücken auch eine effiziente Automatisierung und Personalisierung in weite Ferne.

Um E-Mails automatisiert verschicken zu können, und Kund*innen je nach Cluster personalisiert ansprechen zu können, ist eine umfassende Datenbank nötig, die nicht nur eine grobe Unterteilung, sondern eine genaue und automatisierte Segmentierung je nach Interessen und Kaufhistorie ermöglicht. Das Zusammenführen aller Daten in einem sinnvoll ineinandergreifende Technologie-Stack ist hierfür die Voraussetzung.

Viele Marken – nicht nur in der Reisebranche – arbeiten mit vielen, manchmal zu vielen einzelnen Marketing-Lösungen. Das führt nicht nur zu einem Zeitverlust durch häufiges Hin- und Herwechseln zwischen verschiedenen Technologien, sondern auch zu isolierten Datensätzen in individuellen Tools und somit einem fragmentierten Blick auf die Kund*innen.

Auch fluege.de plant aktuell, den eigenen Tech-Stack zu konsolidieren und so viele Lösungen wie möglich aus einem Guss, bzw. aus einem Haus zu verwenden. Während das Marketingteam den Großteil seiner E-Mails und Newsletter – inkl. einiger automatisierter Mailings, z.B. Pre-Stay / Post-Stay-Nachrichten – über Emarsys verschickt, nutzt das Unternehmen ebenfalls eine in-house Lösung für Trigger-Mails, die z.B. bei Kaufabbrüchen verschickt werden. In Zukunft möchte die Marke die komplette E-Mail-Kommunikation über Emarsys abbilden.

Ebenso ist Invia Flights aktuell dabei, die Module Web Extend und RDS von Emarsys zu implementieren, um die eigene Kundendatenbank innerhalb der Plattform weiter auszubauen. Mit Hilfe noch genauerer Daten zu den eigenen Kund*innen sollen aus den daraus gewonnenen Erkenntnissen langfristig relevantere Mailings an die komplette Zielgruppe verschickt und so die Kundenerfahrung maßgeblich verbessert werden.

Fazit und Ausblick

Ausgehend von den Beobachtungen von 2021, lässt sich vermuten, dass auch 2022 noch nicht das Vor-Krisen Niveau in der Reisebranche erreicht werden wird – zumindest nicht, was Auslastung und Umsatzzahlen angeht.

Das Thema Sicherheit und Compliance mit COVID-Bestimmungen wird weiterhin im Mittelpunkt stehen, gerade in den kommenden Wintermonaten, in denen mit wieder steigenden Inzidenzen und damit verbundenen Einschränkungen im Reiseverkehr gerechnet werden kann. Nicht zuletzt deshalb suchen Verbraucher*innen neben günstigen Preisen außerdem nach Angeboten mit kurzen Buchungsfristen und großzügigen Stornierungsbedingungen.

Frank Sieler schätzt die Lage wie folgt ein:

„Das Thema Sicherheit spielt eine größere Rolle. Was wir in puncto Buchungsfristen gesehen haben, ist: Verbraucherinnen und Verbraucher buchen viel kurzfristiger und planen die Reisen weniger im Voraus. Außerdem ist ihnen wichtig, dass sie Versicherungen hinzubuchen können (COVID-Versicherungen), oder aber auch die Möglichkeit zum flexiblen Umbuchen. Das bietet mittlerweile fast jede Airline mit an.“  

Neben Sicherheit setzen viele Verbraucher*innen weiterhin auf Flexibilität und kurzfristige Urlaubsreisen. Sieler schätzt, dass die Frühbuchersaison im Januar und Februar auch 2022 schwach ausfallen wird. Stattdessen werden weiterhin viele Last-Minute Buchungen erwartet. Für den Sommer sehen die Prognosen jedoch positiver aus – auch vor dem Hintergrund, dass sich bis dahin die Impf-Situation im In- und Ausland weiter verbessert haben sollte.

Während sich aktuell die meisten touristischen Reisen auf das europäische Ausland beschränken, dürften ab Sommer 2022 auch außereuropäische Ziele wieder stärker nachgefragt sein. So bieten einige Länder und Reiseziele (wie z. B. Thailand) bereits Pilotprojekte für Urlaubsreisen an, um sowohl sichere als auch entspannte Urlaube zu ermöglichen. Und viele Airlines haben ganze Bereiche auf ihren Webseiten den umfassenden Bestimmungen und Sicherheitsmaßnahmen zum Coronavirus gewidmet, um Kund*innen optimal vor Reiseantritt zu informieren.

Für Travel-Brands wird es weiterhin darauf ankommen, am Ball zu bleiben, flexibel reagieren zu können, und personalisierte und relevante Kundenkommunikationen auszusteuern. Mit einem konsolidierten Tech-Stack, der E-Mail-Marketing, Reporting, Tracking, Automatisierung, Personalisierung, und ein ganzheitliches Kundenprofil vereint, sind Unternehmen in der Branche für bevorstehende Veränderungen ideal vorbereitet. Nur so lassen sich nachhaltig genau die datengesteuerten Prozesse und Kampagnen ausspielen, die für eine bessere Customer Experience sorgen und langfristig die Kundenbindung steigern können.

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