Im Vorfeld der NRF 2019 (National Retail Federation – ein Retail-Event in New York City, USA) habe ich mir ein paar Gedanken darüber gemacht, wie sich der Einzelhandel verändert, und wie Retail im Vergleich mit dem Online Handel abschneidet….und so wie es heute aussieht, hat sich an der verhältnismäßig mageren Performance im Einzelhandel nicht viel verändert. Das heißt aber nicht unbedingt, dass Retail nicht mehr relevant ist. Es verändert sich nur.

Der Hauptunterschied zwischen Retail vs. Online ist der Grad, bzw. das Level, zu dem eine Personalisierung erreicht werden kann. In einem digitalen Ökosystem, in dem die Kundenerfahrung an erster Stelle kommt, ist Personalisierung in gewisser Weise wichtig (ich untertreibe an dieser Stelle!).

Ich glaube nach wie vor an einen ganzheitlichen Ansatz, der eine gut funktionierende Online-Maschinerie mit einer erstklassigen In-Store Erfahrung kombiniert – zumindest für die Marken, bei denen eine derartige Kombination Sinn macht. Gleichzeitig dürfen wir uns nicht verbiegen, und müssen uns über die sich verändernden Herausforderungen in der Retail Branche bewusst werden. Lassen Sie uns einen Blick auf die aktuelle Situation im Einzelhandel werfen und versuchen, herauszufinden, was viele E-Commerce Unternehmen daran hindert, wichtige Schritte in Richtung Retail zu unternehmen.

2018 war das beste Jahr für die Retail-Branche seit 10 Jahren. Auch wenn die wirtschaftliche Situation 2019 komplizierter wird, blicken Retail-CEOs durchaus optimistisch auf das neue Jahr.” – Matthew Shay, Präsident und CEO der National Retail Federation

Retail ist nicht tot – aber es verändert sich

Laut des aktuellen Forrester Reports – The State Of Retailing Online 2019: Omnichannel, Marketing, And Personalization – gibt es tatsächlich ein Wachstum im Einzelhandel. 54% aller B2C Marken haben vor, 2019 (neue) stationäre Ladengeschäfte zu eröffnen.

Für einige wenige Marken ist die In-Store Experience das Zugpferd für den Hauptumsatz, aber für die meisten Unternehmen ist dieser Teil nur ein Zusatz, oder eine Komplementierung einer größeren Online-Experience. Forbes sagt an dieser Stelle,

“Einzelhändler kämpfen nach wie vor mit der Umsetzung guter Personalisierung: Datenmangel, unregelmäßige Shop-Besuche (sogar von Top-Kunden), und (zu) kleine Produktkataloge, die eine Steigerung der Konversionen nur schwer möglich machen.”

An diesem Punkt sehen wir eine feine – aber wichtige – Unterscheidung: Auch wenn E-Commerce als Branche weiter wächst, heißt das nicht zwangsläufig, dass der Einzelhandel an Bedeutung verliert, oder sich minimiert. Der grundlegende Gedanke ist vielmehr: Retailer müssen anfangen, in „Omnichannel“-Kategorien zu denken (und zwar mit Hilfe einer „nahtlosen Kundenerfahrung“ und einer Kanal-agnostischen Herangehensweise um eine „in sich stimmige Customer Journey“ bereitzustellen).

Wenn wir diese Buzzwörter außen vor lassen, heißt das nichts anderes, als: Retailer müssen den richtigen Mix für das eigene Unternehmen finden. Statistiken für die jeweilige Branche sind gut und schön, aber viel wichtiger ist es, was Ihre Daten Ihnen über Ihr Business und Ihr Potenzial sagen.

In-Store… Disrupted

Die wertvollsten und erfolgreichsten Marken weltweit – wie z.B. Apple und Amazon – verändern die Art und Weise, wie stationäre Ladengeschäfte operieren – und zwar durch eine umfassende Innovation & Veränderung der Customers Experience.

Der Apple Store in London bietet – wie jeder andere Apple Store auch – eine einzigartige und maßgeschneiderte Brand-Experience. Kunden, die sich “einloggen”, können eine stark personalisierte Interaktion mit der Marke erleben.

Diese Marken geben den Maßstab für alle anderen Unternehmen vor. Gleichzeitig verschiebt sich die Frage von “Bieten Sie eine gute In-Store Experience?” hin zu “Was kann Ihre In-Store Experience, was andere nicht können?”

Anthropologie organisiert z.B. spezielle In-store Events – wie z.B. Yoga-Sessions – oder arbeitet mit Modeexperten zusammen, die für Kunden individuelle Outfits und Styles zusammenstellen. Die extra-sensorische Erfahrung von Lush ermöglicht es Kunden, die gewünschten Produkte vor dem tatsächlichen Kauf im Laden zu testen. Zusätzlich bietet das Unternehmen eine ganze Bandbreite an interaktiven Möglichkeiten für Kunden. Nordstrom bietet z.B. einen Änderungsservice und andere besondere Leistungen, wie einen Abholservice und eine Espresso Bars an. Tesla, The North Face, und Under Armour bieten ebenfalls dynamische Retail-Erfahrungen an.

Einige Online-Only Vorreiter, wie z.B. Made.com und MissGuided folgen diesem Beispiel und eröffnen nach und nach stationäre Geschäfte, um ein engeres Verhältnis zu den eigenen Kunden aufzubauen. Wussten Sie, dass in den USA bis zu 40% aller analogen Käufe nach einer Online-Recherche stattfinden? Wenn Ihre Kunden noch keine treuen Stammkunden sind, so haben sie sich zumindest im Vorfeld über Ihre Marke und Ihre Produkte informiert – das bedeutet im Umkehrschluss: Ihr Sales-Team muss noch besser als zuvor über Ihre Produktpalette auf dem Laufenden sein.

Die Rolle des Smartphones im Stationären Handel

84% aller Verbraucher nutzen Ihr Smartphone im Stationären Handel, um Reviews, Produktinformationen und Vergleiche online zu finden. Wenn Sie die richtige Technologie nutzen und Ihren Kunden auch nur einen Bruchteil von AR/VR bieten können, haben Sie in jedem Fall die Nase vorn.

Unabhängig davon, sollten Einzelhändler Ihre mobile Präsenz optimieren – am besten durch eine nahtlose Verbindung der on- und offline Erfahrungen. Omnichannel ist wirklich die Richtung, in die es in Zukunft gehen muss.

Nur ein Beispiel: wenn ein Verbraucher eingeloggt ist und sich Artikel in Ihrem Store (online) ansieht, haben Sie – im Idealfall – alle Informationen zu diesen Artikeln parat, wenn der Kunde das stationäre Geschäft betritt. Das ist natürlich leichter gesagt, als getan – die meisten Mitarbeiter werden Schwierigkeiten haben, einen Kunden zu erkennen, der eine Filiale betritt. Das bedeutet: In der nahen Zukunft sollten Sie das verändern/optimieren, was Sie tatsächlich beeinflussen können: Eine nahtlose mobile Erfahrung erstellen – und zwar von einer einzigen, zentralisierten Datenbank und einem ganzheitlichen Kundenprofil aus.

Fazit

Wenn Sie schon länger Besucher auf unserem Blog sind, kommt Ihnen das bestimmt bekannt vor: Retail verändert sich. Der Einzelhandel ist nicht tot…wird aber immer mehr zu einem Kanal für Nebeneinnahmen für die meisten Unternehmen. Natürlich gibt es immer noch Marken, für die Retail ein starkes Zugpferd ist. Diese sind aber eher die Ausnahme – und wahrscheinlich auch nicht zukunftsfähig. Zumindest sollte man sich gut überlegen, ob es noch lange sinnvoll ist, umfangreiche Ressourcen in den Einzelhandel zu investieren – aber auch das hängt wiederum von anderen Faktoren ab.

Fakt ist auf jeden Fall, dass Marken, die die Herausforderungen im Retail nicht meistern können, nicht mehr lange konkurrenzfähig sein werden. Unternehmen, die sich mit dem Gedanken tragen, eine stationäre Filiale zu eröffnen, müssen sich mehr denn je darüber informieren, wie sie den stationären Handel mit den eigenen Online-Kanälen verbinden können. Nur so können Marken weiterhin erfolgreich sein und verhindern, an Bedeutung zu verlieren. ◾