Alex Timlin
Sales Director
New Markets, emarsys
12 Monate der Fusionen und Übernahmen – ist der Markt nun komplexer oder weniger komplex als zuvor?
Als salesforce.com ankündigte, dass man Exact Target kaufen wolle, sorgte das sowohl im Internet als auch in der Branche selbst für viel Gesprächsstoff. Tatsächlich handelte es sich dabei aber nur um die letzte in einer stetigen Reihe von Entwicklungen, die das Angebot für digitale Marketer entscheidend verändert haben – speziell in Hinblick auf den Bereich der E-Mail- und Marketing-Automatisierung.
Im Mai 2012 kaufte Teradata das Unternehmen eCircle und fusionierte es 2013 mit Aprimo, einem Anbieter für Lösungen zur Marketing-Automatisierung; der strategische Plan sieht die Integration der Technologie bis 2014 vor. Oracle hat mit Eloqua ebenfalls einen führenden Anbieter im Bereich Marketing-Automatisierung erworben. Zuvor entwickelte Adobe mittels der Übernahme von (unter anderem) Omniture und Efficient Frontier seine Marketing-Cloud; nun befindet man sich im Prozess die Marktstrategie verfeinern.
Die Frage ist: Inwieweit profitieren die Kunden davon?
Marc Benioff, Chairman und CEO von salesforce.com, meinte in der Presseaussendung anlässlich der Übernahme von ExactTarget: „Es wird erwartet, dass im Jahr 2017 der CMO mehr für Technologie ausgibt als der CIO … Indem wir unser Angebot um ExactTarget erweitern, machen wir salesforce.com zum logischen Ausgangspunkt für alle Unternehmen; wir platzieren salesforce.com in der Poleposition, wenn es darum geht, diese Chance zu nutzen.“
Nun, es ist gut für salesforce.com, dass sich das Unternehmen einem neuen, immer einflussreicher werdenden Publikum präsentieren kann – aber was ist, wenn ein Kunde nur an Marketing-Automatisierung interessiert ist, und nicht an einer ganzheitlichen Vision, wie sein CRM-System zu revolutionieren wäre?
Anfang dieses Jahres sagte Rolf Anweiler, VP Marketing bei Teradata eCircle: „Als einheitliche Marke und Organisation können wir das Portfolio von Teradata eCircle als „klassenbeste“ Einzelprodukte anbieten, inklusive weiterer Investitionen in die individuellen Bereiche (Marketing Operations, Kampagnen-Management und E-Mail-Marketing) – oder auch als branchenführende Plattform für ein Integriertes-Marketing-Management (IMM), das es Marketern ermöglicht, die Marketingaktivitäten an sich, das Multichannel-Kampagnenmanagement sowie das Ausführen und die Analyse von Kampagnen tatsächlich zu integrieren, was größere Effektivität und Effizienz und einen gesteigerten ROMI bedeutet.“
Er benötigte also fünf Zeilen, um seine eigentliche Geschäftsidee zu beschreiben. Das soll nicht heißen, dass man bei Teradata eCircle das Geschäft nicht versteht; es wird nur immer schwieriger, herauszufinden, was die konkreten Vorhaben sind.
Und: Der Ansatz des “ein Anbieter, der alle Bedürfnisse abdeckt“ – ist es das wonach der Marketer sucht?
Typische Vertreter dieses Ansatzes sind IBM, Microsoft, SAP und Oracle – während hingegen Unternehmen wie salesforce.com, die sich SaaS (Software as a Service) auf die Fahnen geschrieben haben, traditionellerweise eher disruptiv waren – die „Störer“ also, die dieses Paradigma in Frage stellten und flexiblere, fließendere Lösungen für Geschäftsprozesse und die damit verbundenen Herausforderungen anboten.
In der Branche kursiert seit Langem ein Witz, wonach die Verwendung von SAP dem Einfüllen von Beton in ein Unternehmen gleichkommt (Economist Article). Doch das ist einfach deshalb so, weil Unternehmen dieser Art ein so breites Angebot haben, das so viele Technologien und Prozesse berührt, dass nur ganz klar definierte Prozesse für funktionstüchtige und implementierbare Lösungen sorgen können.
Fakt ist, dass auf Seiten der Anbieter eine eindeutige Verlagerung hin zur Konsolidierung von Technologien stattzufinden scheint.
Einige wenige große Unternehmen entwickeln also gerade ihre Vision davon, was alle anderen Unternehmen für sämtliche Geschäftsfälle und Aktivitäten brauchen könnten und sollen – eine fantastische Sache, aber was, wenn diese Vision nicht ganz der ihren entspricht?
Die Geschwindigkeit, mit der sich die digitale Welt verändert, ist für manche Kunden durchaus beängstigend – die Verwendung von Smartphones und Tablets explodiert, es gibt andere Zahlungsmethoden, ein aufregender neuer Channel nach dem anderen wird vorgestellt (Google+, Instagram, Pinterest, in-App messaging). Können diese immer größer werdenden Firmen da überhaupt den entscheidenen Schritt vorausbleiben?
Ganz allgemein gilt: Je größer ein Unternehmen, desto rigider sind die Prozesse, die es zusammenhalten – weil man bei zigtausenden von Mitarbeitern, die auf hunderte Geschäftsbereiche verteilt sind, diese Prozesse tatsächlich braucht, um sicherzustellen, dass die Dinge auch funktionieren.
Die Frage ist also auch: Sind die Veränderungen des Marktes gut für die Innovationskraft?
Wir sind stolz darauf, mehr als 35 Prozent unserer Einnahmen in Forschung und Entwicklung zu investieren; ich bezweifle jedoch, dass es viele Aktionäre von NYSE- und NASDAQ-Unternehmen gibt, die diesen Standpunkt teilen würden. Wir bleiben dabei: Diese Investitionen sind notwendig, weil sowohl der Markt als auch die Anforderungen unserer Kunden sich ständig verändern.
Was ich persönlich von all dem halte? Ich sehe es unkompliziert: Ich denke, unsere Branche erlebt gerade interessante und aufregende Zeiten, und ich kann kaum erwarten zu sehen, welche Innovationen und neuen Technologien aus diesen Akquisitionen resultieren werden. Wichtiger noch: Ich bin überzeugt, dass die Möglichkeiten für „disruptive Kräfte“ wie emarsys gerade wieder etwas größer geworden sind.