Die digitale Werbelandschaft hat sich stark verändert. In den letzten 27 Monaten gab es viele Neuerungen: die DSGVO (Mai 2018), den California Consumer Privacy Act (Januar 2020) und Apples Ankündigung eines Opt-Ins für den IDFA (Juni 2020, tritt im September in Kraft). Alle diese Faktoren beeinflussen die Online-Identifizierung, die Anzeigenzuordnung und den Kundenabgleich – und zwar weltweit.

Verbraucher möchten heutzutage genau wissen und steuern, wie ihre personenbezogenen Daten verwendet werden. Werbetreibende müssen daher in der Lage sein, mit weniger Mitteln ein besseres Targeting zu betreiben. Im letzten Gartner Hype Cycle for Digital Advertising 2020 wurde deutlich: Verbrauchermarken sind einem wachsenden Vertrauensverlust ausgesetzt, der die Rentabilität beeinträchtigt und den Markenwert schwächt. Aufgrund der Datenschutzbestimmungen müssen Marken für jeden Verarbeitungsschritt eine vorherige Zustimmung einholen. Daher wird es für Marketer schwieriger, personalisierte Dienstleistungen anzubieten oder Kundenbedürfnisse anhand des beobachteten Verhaltens abzulesen.

Auch Google kommt an dieser Stelle ins Spiel. Zu Beginn des Sommers verkündete der Datenriese, dass Drittanbieter-Cookies – und damit Pixel-Tracking – bis 2022 abgeschafft werden.

Für Marken, die das Google Ads-Netzwerk nutzen, kann das zum Problem werden. Das Google Displaynetzwerk erreicht mehr als 90% der Internetnutzer weltweit. Diese Entscheidung hat daher Auswirkungen für Werbung auf Websites, Nachrichtenseiten, Blogs, Gmail und YouTube.

Aber das ist noch nicht alles.

Wie Werbetreibende bisher online arbeiteten

Online-Anzeigen zu schalten, ist heute so einfach wie niemals zuvor. Google und Facebook haben dafür gesorgt, dass wir mit einigen wenigen Klicks alles erledigen können.

Display-Ads funktionierten bisher folgendermaßen: Man erstellte eine Anzeige und legte die Zielgruppe sowie ein Budget fest. Dazu waren keine technischen Kenntnisse erforderlich. Ganz einfach.

Das Erstellen von Profilen nach Attributen – also anhand von abgeleiteten bzw. expliziten demographischen Faktoren (wer jemand ist), Interessen (Dinge, die jemand laut Einkaufsverhalten mag) und Verhalten (Such- und Kaufverlauf) – war die wichtigste Methode bei der Platzierung von Anzeigen.

Diese Plattformen liefern Anzeigen an Personengruppen aus, die danach ausgewählt werden, wie sich andere, vergleichbare Personen verhalten haben. Hierbei handelt es sich um Lookalike-Targeting. Gerade große Technologieunternehmen konnten damit relevante Anzeigenplatzierungen in großem Umfang erreichen.

Wie werden Daten zu Demographie, Verhalten und Interessen gewonnen?
Nehmen wir an, Peter sieht eine Anzeige für Schuhe von Puma. Er klickt auf die Anzeige. Aber warum? Warum sieht er diese Anzeige und warum war gerade bei ihm die Wahrscheinlichkeit höher, dass er auch darauf klickt?
 
Websites und Suchmaschinen erfassen die Interessen von Einzelpersonen. Sie sehen nicht, was genau Peter auf einer Website macht, erfassen aber alle Eigenschaften, die sie dann überwachen und messen – und da kommt einiges zusammen.

Peters digitaler Fußabdruck enthält alle Suchergebnisse, alle gelesenen Blogbeiträge, besuchte Sportseiten, angesehene YouTube-Videos, Anzeigen auf Instagram, mit denen er interagiert hat, und Facebook-Beiträge, die er mit „Gefällt mir“ markiert hat.
 
Jeder Inhalt auf Google oder Facebook trägt dazu bei, Profile von Personen zu erstellen, die auf den Interaktionen der jeweiligen Personen basieren. Es geht hier nicht um Peter persönlich, sondern um seine Interessen. Für Werbung benötigt man Profile, keine Personen. Daraus lassen sich dann demographische Schlüsse ziehen, denn bestimmte Arten von Profilen interessieren sich für bestimmten Content.

Peter hat die Anzeige gesehen, weil ein bestimmter Datenprovider Informationen aus Cookies zu unterschiedlichen Eigenschaften erfasst hat. Eine Agentur sucht dann nach weiteren Personen mit ähnlichen Eigenschaften. Aufgrund der erfassten Daten kann die Agentur abschätzen, welche Person auf bestimmte Inhalte ähnlich reagieren wird.

Da Peter Sky Sports und NFL.com besucht und auf Beiträge auf Facebook reagiert hat, die sich mit American Football beschäftigen, entsteht ein Bild von ihm – und zwar ohne Anmeldungen, E-Mail-Adressen oder andere Informationen.
 

Für diese Art der Erfassung, Weitergabe und Vermittlung von Daten gibt es eine eigene digitale Supply Chain. So funktioniert Werbung. In der Welt der Online-Anzeigen geht es nicht um Namen und E-Mail-Adressen, sondern um abgeleitete Verhaltensweisen und demographische Daten.

Wie kann man all diese Informationen skalieren? Marken arbeiten mit Drittanbietern zusammen, um mithilfe von Cookies relevante Daten, Signale und anonyme IDs über das gesamte World Wide Web zu teilen.

Cookies, Cookies, und noch mal Cookies

Cookies verfolgen Besucher und vergeben basierend auf ihrem Verhalten auf einer Website Attribute. Cookies sind Skripte, die auf Rechnern oder Geräten abgelegt werden und dort Informationen erfassen. Cookies von Erstanbietern sammeln nur Informationen darüber, was ein Verbraucher auf der entsprechenden Website macht. Cookies von Drittanbietern verfolgen und teilen seitenübergreifend. Aber Cookies sind vernetzt.

How Cookies Work

Sind Sie auf der Suche nach neuen Schuhen, recherchieren Sie nach Selbsthilfebüchern, sehen Sie sich Sportseiten an, beantragen Sie eine Kreditkarte, kaufen Sie einen neuen Toaster, reagieren Sie auf politische Beiträge, laden Sie Fitness-E-Books herunter oder nutzen Sie eine Dating-App? All dies wird von Cookies erfasst. Auf vielen Websites sind tausende Cookies im Einsatz, besonders auf Medienseiten.

Cookies sind vernetzt – untereinander, mit anderen Eigenschaften und anderen Unternehmen. So können Daten geteilt werden und die Wirkung von Werbung lässt sich quantifizieren, messen und nachvollziehen.
Diese Cookies findet man überall im Internet. Die digitale Supply Chain beruht vollständig auf Cookies und dem Datenaustausch, den sie ermöglichen.

Und das gilt nicht nur für einzelne Websites. Das passiert überall.

Angesichts der Diskussionen rund um Datenschutz, Kundendaten und Online-Tracking sind Cookies von Drittanbietern stärker in den Fokus gerückt. Cookies von Erstanbietern arbeiten inzwischen ohnehin eher zustimmungsbasiert.

Sports Direct

Da Verbraucher heute aufmerksamer sind als zuvor und die Gesetzgeber Druck machen, sind Daten, die von Drittanbieter-Cookies erfasst werden, unzuverlässiger. Regierungen auf der ganzen Welt verstärken den Druck auf Google, Apple (wobei für das Unternehmen in puncto Datenüberwachung nicht viel auf dem Spiel stand), Facebook und Microsoft, um diese dazu zu bringen, den browser-, geräte- und plattformübergreifenden Zugriff von Cookies zu deaktivieren.

Apple hat mit dem IDFA einen Richtungswechsel vorgegeben. Ab iOS 14 muss jede App, die einen Identifier für Werbetreibende verwenden möchte, die ausdrückliche Zustimmung des Benutzers einholen. Das heißt, Benutzer müssen zustimmen, dass sie über Apps hinweg getrackt werden. Wenn sie das nicht tun, verschwinden app-übergreifende Identifier nach und nach.

Google hat bereits öffentlich erklärt, dass sie in den nächsten zwei Jahren auf Cookies und Kundenabgleich verzichten werden.

Diese Entwicklungen werden die gesamte Branche nachhaltig verändern.

Wo liegt das Problem?

Wenn keine Drittanbieter-Cookies mehr zum Einsatz kommen, werden die Ausgaben für Werbung vermutlich sinken oder sich verschieben. Auswertungen und Attribution werden im besten Falle unzuverlässig und im schlimmsten Fall vollständig in der Bedeutungslosigkeit versinken.

Bei Apples Safari und Mozilla Firefox sind Cookies bereits standardmäßig blockiert.

Bei Facebook und Google sieht die Lage etwas anders aus, da die beiden Unternehmen ein Duopol auf dem Online-Anzeigenmarkt haben. Die Einnahmen aus Anzeigen belaufen sich für beide Unternehmen auf 333 Milliarden USD. Die Basis für dieses Geschäft – cookie-basierte Werbung – steht vor dem Zusammenbruch.

Google setzt auf einen schrittweisen Ansatz und bietet weiterführende Informationen über die Funktion „Warum sehe ich diese Werbung?“ Das Unternehmen schätzt, dass die Einnahmen von Publishern auf ihrer Plattform ohne Drittanbieter-Cookies um 52% sinken werden. Bei Facebook sieht es ähnlich aus:

Facebook Ad Revenues
Facebooks Anzeigen-Targeting funktioniert nur dann, wenn Cookies oder Pixel-Tracking zum Einsatz kommen.

Das ist besonders bei Werbetreibenden und Marketern problematisch, deren Werbebudgets größtenteils in die Akquise fließen. Marken, die sich hauptsächlich um die Kundenneugewinnung und weniger um die Kundenbindung kümmern, könnten in Zukunft vor Herausforderungen stehen, wenn sie ihre Strategie nicht anpassen.

Wir gehen von vier technischen Herausforderungen aus:

▸ Cookies werden nicht mehr in allen großen Browsern unterstützt.

▸ Frühere Verhaltens- und Verkaufsdaten könnten unzuverlässig werden.

▸ Abgleiche werden unvollständig und die kanalübergreifende Identitätsbestimmung sinkt.

▸ Marketer müssen bei jeder Integration ohne Cookies die jeweiligen Zustimmungen auf einer Marketingplattform oder in einem Werbenetzwerk verwalten.

Die Geschäftsrisiken setzen sich aus drei Faktoren zusammen:

1:1 Marketing wird komplizierter. Durch die DSGVO und den CCPA wird es für Marken schwieriger, ihre Kunden zu identifizieren.

Bewährte Werbemethoden müssen ersetzt werden. Ältere Werbekampagnen werden unter Umständen nicht mehr effizient funktionieren. Auch CRM-Ads verlieren an Effektivität.

Es wird schwieriger, den geplanten ROAS zu erreichen und die Geschäftsergebnisse zu verbessern. Das kann dazu führen, dass Werbeausgaben nicht mehr gerechtfertigt werden können, wodurch die Rendite sinkt.

Die Auswirkungen sind für Marketer zwar weniger gravierend als für große Technologieunternehmen, dennoch müssen sie sich bewusst sein, welche Optionen es gibt, um gegebenenfalls die nötigen Anpassungen vornehmen zu können. Auf diese Problematik werden wir in den folgenden zwei Beiträgen dieser Serie eingehen.

Fazit

Das Verschwinden von Cookies ist keine große Überraschung. Schon seit einiger Zeit rechnet man damit, dass wir in Zukunft ohne Cookies auskommen werden.

Zustimmungsbasiertes Marketing ist für Werbetreibende der Weg nach vorne. Marketer haben keine Wahl. Sie müssen sich mit den Themen Einverständnis, Datenschutz und Werbetransparenz intensiv auseinandersetzen.  Der Erfolg von Marken hängt vor allem davon ab, inwieweit bei diesen Punkten Einstimmigkeit herrscht.

In Teil 2 und 3 dieser Serie geht es um First-Party Daten (also Daten, die Ihnen gehören), und wie sie für Kundenbindung, Retargeting, Aboverlängerungen und Lifecycle-Marketing genutzt werden können, um den Profit Ihres Unternehmens zu steigern.

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